Die ersten Tage mit Ronja zuhause

Ronja ist nicht behindert. Absolut nicht. In keinster Weise.

Ronja ist das perfekteste Wesen, das wir uns vorstellen können. Alles, was ein Baby können muss, das kann Ronja ganz großartig: Sie trinkt an der Brust mit einer besitzergreifenden Selbstverständlichkeit, die mich jedes mal auf neue tief ins Herz trifft, wenn ich sie beobachte. Sie macht mit großer Anstrengung und Regelmäßigkeit ihre Windeln voll – besonders gern, wenn sie ganz frisch sind – und sie schläft tief und fest wie ein Engel.  Weiterlesen

Endlich nach Hause!

Ich habe es nicht berichtet um es nicht vorschnell zu verschreien, aber: Ronja ist schon seit ein paar Tagen ohne Sauerstoff.

Ein totales Auf-und-Ab liegt hinter uns: Einen Tag war sie stabil, den nächsten dann wieder doch nicht. Dann wieder mehrere Stunden gut, dann braucht sie wieder einen Sauerstoffschlauch. Die Geräte und Kurven sind eine Beruhigung für mich, solange sie Gutes anzeigen. Es wird zuhause schwer werden, sich von dieser Rückversicherung zu lösen und sich nur auf Ronja selbst zu verlassen. Die Kurven sind aber auch unendlich nervenzerfetzend und zermürbend, wenn die Werte darauf nicht passen oder schwanken. Es gab viele Momente, wo ich all die Überwachung kaum noch ertragen konnte. Weiterlesen

Noch ein Wochenende in der Klinik

Tatsächlich – Baby hat sein eigenes Tempo.

Wir bleiben noch mindestens das Wochenende über auf Station, denn Ronja braucht nach wie vor Sauerstoff. Zwischendurch testen wir immer mal wieder, wie es ohne geht. 30, 45 Minuten lang schafft Ronja es ganz alleine, dann fallen ihre Werte leider nach wie vor ab. Es gibt Alarm auf der ganzen Station, eine Schwester kommt und dreht den Hahn wieder auf. Das Gepiepe, der Monitor, die Werte und die Kabel stressen mich schon lange nicht mehr. Maschinen und Zahlen machen Angst, einfach dadurch, dass sie da sind. Solange das Baby rosig ist, geht es Ronja gut, sagen die Schwestern. Egal, was irgendeine Kurve anzeigt.  Weiterlesen

Ronja ist da

…und sie ist ein unglaubliches Wunder. Sie ist bezaubernd, wundervoll, absolut perfekt und so unglaublich hilflos und bedürftig und voll und ganz auf uns angewiesen. Und sie duftet ganz herrlich.

Ronja neu geboren
Ein neuer Mensch
Am 10.05. um 06:28 wurde Ronja nach einem langen Tag Geburtsarbeit und einer noch längeren Nacht per Kaiserschnitt geboren.

Weiterlesen

Spätabtreibung

„Wann erlaubt? Theoretisch bis zur Geburt…

Wird beim ungeborenen Kind eine Behinderung diagnostiziert, ist eine Abtreibung aufgrund der medizinischen Indikation in Deutschland straffrei. Hierfür gibt es kein Limit, sie ist theoretisch bis zum 9. Monat möglich, ohne dass man sich strafbar macht. Die medizinische Indikation wird hier so begründet, dass von einem Arzt attestiert wird, dass einer Schwangeren körperliche oder seelische Schäden drohen würden, wenn sie das Kind (weiter) austrägt […] 

Ablauf: Totgeburt nach vorheriger Tötung des Kindes

Bei einer Spätabtreibung wird das Kind zunächst im Mutterleib getötet, und dann nach Verabreichung von Wehenmitteln (Prostaglandinen) als Totgeburt zur Welt gebracht. Dieser künstlich herbeigeführte Geburtsvorgang dauert erfahrungsgemäß 10 bis 24 Stunden.
Bis ca. zur 20. Schwangerschaftswoche stirbt das Kind, wenn ein Geburtsvorgang künstlich eingeleitet wird. Ist das Kind außerhalb des Mutterleibs überlebensfähig, wird das Kind zuerst im Mutterleib getötet und dann geboren. Die Tötung erfolgt in der Regel durch eine Kaliuminjektion in das Herz des Kindes, welches dadurch zu schlagen aufhört[…]

Quelle: https://www.profemina.org/info-abtreibung/spaetabtreibung-wann-erlaubt

 




 

„Diese Entscheidung muss jede Mutter für sich selber treffen“, „Ich bin froh, dass ich so etwas nicht entscheiden musste“, „Das muss jeder selbst wissen“.
Dies sind in etwa die Kommentare, die man zu Thema Abtreibung im allgemeinen und Abtreibung bei Down Syndrom im speziellen so zu hören bekommt. Ich kann dem im allgemeinen auch gar nicht widersprechen.

Im Falle einer Spätabtreibung aufgrund der Diagnose Down Syndrom allerdings liegen derartige Stellungnahmen völlig daneben und zeugen von der Angst, eine Haltung zu entwickeln, mit der man sich angreifbar machen könnte.

Ronja beginnt zu zappeln, wenn Matthias nach Hause kommt und sie seine Stimme hört, sie reagiert eindeutig auf alle ungewohnten Umweltgeräusche und auf meine Stimmungen. Bei aller Schwierigkeit, den Beginn des vollumfänglich schützenswerten Lebens festzumachen (dahinter steht die Frage: Ab wann überwiegen die Interessen der Mutter nicht mehr die [mutmaßlichen] Interessen ihres Kindes) ist doch eines klar:

Das Leben, das ich während der letzten Wochen meiner Schwangerschaft in meinem Bauch trage, unterscheidet sich durch nichts von dem Leben und Wert eines Babys, das bereits auf die Welt gekommen ist.

Die Entscheidung darüber, ab wann ein Leben uneingeschränkt schützenswert ist, erfolgt in unserer Gesellschaft rein willkürlich, aufgrund des Kriteriums der Geburt. Ein Neugeborenes zu töten wird als Kindsmord bestraft und sorgt bei allen, die von solchen Fällen hören für Entsetzen, Unverständnis und Schaudern. Hat das selbe Kind aber eine „Missbildung“ oder Behinderung, darf man es theoretisch noch 24 Stunden vorher, nämlich bevor es zur Welt gekommen ist, straffrei töten – vorausgesetzt man findet einen Arzt, der bereit ist, dies durchzuführen.

Das ist eine zutiefst grausame und falsche Doppelmoral.

Liegt es daran, dass es leichter ist, anonym zu töten, als wenn man seinem Opfer dabei in die Augen schauen kann?

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich spreche über die grundsätzliche Straffreiheit  bei Spätabtreibungen aufgrund der Diagnose Down Syndrom. Über weiter nichts. Ich habe jedes Recht mich hierzu zu äußern, denn ich bin selbst „betroffen“.

Übrigens kann man dem „Sich-entscheiden-müssen“ entgehen, indem man die entsprechenden Diagnostiken ablehnt, oder dem Arzt von vorneherein mitteilt, welche Informationen und Ergebnisse man wissen möchte und welche nicht. Wie ich entscheiden kann, über das Geschlecht meines Kindes im Unklaren gelassen zu werden, so kann ich auch entscheiden, nichts über mögliche Hinweise auf das Down Syndrom erfahren zu wollen. Eine Pflicht zur maximalen Vorsorge existiert nicht, auch wenn es vielen so erscheinen mag. Stattdessen gibt es ein Recht auf Nichtwissen.



„Nicht einfach für betroffene Frauen ist es, eine wirklich eigenständige Entscheidung zu treffen. Zu viel strömt auf die Schwangere ein. Dabei spielt auch oft die Angst eine große Rolle, ob das Leben mit einem behinderten Kind auch finanziell bewältigt werden kann und wie das Umfeld auf ein behindertes Kind reagieren würde.“

Quelle: https://www.profemina.org/info-abtreibung/spaetabtreibung-wann-erlaubt


Hierzu möchte ich klar stellen: Wenn Mütter völlig lebensfähige, lebensreife Kinder mit einer leichten bis mittelschweren Behinderung töten, weil sie Angst vor dem finanziellen Aufwand haben oder weil sie die Reaktionen der Gesellschaft fürchten, dann ist das ein zutiefst beängstigendes Armutszeugnis dieses reichen Landes. Die Lösung darf nicht sein, eine Spätabtreibung aufgrund solcher Ängste zu ermöglichen. Stattdessen muss daran gearbeitet werden, die Umstände eben so zu gestalten, dass Müttern ihre Ängste genommen werden und sie die Unterstützung und Akzeptanz bekommen die sie brauchen, um sich auf ihre Kinder einlassen zu können. Auch zum Schutz der Mütter, die in vielen, vielen Fällen ein Leben lang unter dem Trauma einer Spätabtreibung leiden.