Am 21.3. war Welt Down Syndrom Tag. Von mir gab es keinen Beitrag dazu.

Unser Welt Down Syndrom Tag sah so aus:

Morgens um sechs mit Baby aufstehen, Kaffee trinken während Ronja spielt. Um sieben Aufbruch zur Arbeit, Baby und Papa spielen weiter. Vormittags war Ronja bei der Tagesmutter, Matthias hat eingekauft und Haushalt gemacht, ich habe gearbeitet. Nachmittags schien die Sonne. Ich bin sofort nach Feierabend joggen gegangen mit Ronja. Anschließend: Nach Hause kommen vom Sport und essen kochen, denn Ronja hat Hunger. Gemeinsam essen, Ronja ins Bett bringen und schließlich endlich duschen. Danach Sofa.

Seit einigen Wochen lautiert Ronja mit großer Begeisterung: „Ddadadalala, mamababalaa“
Ich habe den Down Syndrom Tag am Abend schlicht vergessen.

Und das, obwohl ich mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht habe, wie denn ein passender Beitrag von mir aussehen könnte. Tatsache ist: keine der Ideen, die ich hatte, hat sich „richtig“ angefühlt. Mir ist keine Art und Weise eingefallen, wie ich auf die Rechte und Interessen der „Minderheit“ (oder Interessengruppe) der Menschen mit Down Syndrom aufmerksam machen und gleichzeitig vermitteln kann, dass Ronja für uns keine Minderheit ist, sondern ein ganz selbstverständlicher Teil unseres Lebens.

Letztlich ist dies das Grunddilemma, wann immer man für die Rechte einer wie auch immer definierten, speziellen Gruppe von Menschen eintritt:

Manchmal muss Ronja Kleider tragen – für ihre Eltern, weil es einfach zu niedlich ist
Je mehr man auf sich als gesonderte Interessengruppe aufmerksam macht, desto mehr zementiert man doch gleichzeitig gerade das Schubladendenken, dem man eigentlich entkommen möchte.

Denn um auf Nachteile aufgrund seines Andersseins hinweisen zu können, muss man unweigerlich das, was dieses Anderssein ausmacht, das gemeinsame Merkmal der Gruppe, aufgrund dessen man von anderen ausgegrenzt oder benachteiligt wird, in den Fokus stellen. Die Individualität, Unvergleichbarkeit und Unkategorisierbarkeit des Einzelnen gerät dabei, zumindest von außen betrachtet, schnell in Vergessenheit. Indem man für Diversität streitet, geht gleichzeitig Vielfalt innerhalb der Minderheit, für die man eintritt, oft verloren.

Ronja im Biergarten
Stolz wie eine Königin: Ronja isst zunehmend und mit großer Begeisterung am Familientisch mit
So ist es auch mit dem Down Syndrom Tag.

Es ist unbestreitbar richtig und wichtig, dass es ihn gibt. Aber bei allen guten Aufrufen und Aktionen, die es gab oder die ich selbst erdacht habe, bin ich das Gefühl nicht losgeworden, ich würde Ronjas Anderssein dabei allzusehr betonen und dadurch gedanklich Klüfte und Unterscheidungskategorien festigen, die sich so in unserem Leben nicht wiederfinden und die ich ablehne.

Indem ich den Down Syndrom Tag schließlich einfach vergessen habe, wurde er von uns vielleicht unbeabsichtigt in genau der Art und Weise begangen, die die Ambivalenz, die ich dazu empfinde, am besten wiederspiegelt. Eigentlich haben wir den Tag gar nicht begangen. Aber da Ronja nun mal das Down Syndrom hat und ich von dem Tag wusste, kann man das wiederum nicht so einfach sagen, denn irgendwie dazu verhalten tun wir uns dadurch immer.

Ronja und Papa im Biergarten
Ronja und Matthias kommen großartig miteinander aus

Indem wir an diesem Tag einfach unser ganz normales Leben gelebt haben, haben wir auch am Down Syndrom Tag vielen Menschen gezeigt, welch völlig selbstverständlicher Teil der Gesellschaft Ronja und wir sind. Ist das nicht vielleicht der beste und passendste Beitrag, den Ronja und ich leisten konnten?

Ein Gedanke zu „Am 21.3. war Welt Down Syndrom Tag

  1. Als erstes möchte ich euch beglückwünschen zu eurem harmonischen Familienleben und Alltag. Auch wenn ich natürlich weiß, dass es immer auch mal Tage geben wird , die nicht ganz optimal verlaufen, so gebt ihr eurer Tochter doch in der Gesamtheit ihrer derzeit noch frühen Kindheit , die besten Startbedingungen mit. Eure Tochter kann aus dieser geborgenen Situation heraus die Welt erobern. Was für ein Vorrecht. Zum anderen, das hast du auch schonmal erwähnt, ist es de facto NICHT so, dass der allererste Eindruck, den ein Kind bei der Ärzteschaft macht, (sprich die erste Diagnostik) die Garantie für ein Leben abgibt. Auch wenn zu Beginn der Daumen nach den medizinischen Checks uneingeschränkt nach oben zeigt ( und man von perfekter Gesundheit ausgeht) , so bleiben auch hier viele Optionen offen. Nachdem es uns bei unserem Kind zunächst nämlich genau so ergangen ist, so wissen wir jetzt ( trotz anfänglicher „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ des Kinderarztes ) nicht mehr , wo die Reise hingeht. (Allerdings habe ich auf pränatale Diagnostik bewusst verzichtet. ) Derzeit geht gerade niemand mehr von einem normalen Werdegang aus..Soviel zum Thema prognostizierte Normalität…. Lasst euch weiterhin von eurem Kind überraschen….Euer Blog ist sehr mutmachend und zeigt, dass uneingeschränkte Liebe und Wertschätzung die beste Basis sind. Herzliche Grüße

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