Lockdown,Quarantäne, Dreck und blanke Nerven – Ostergrüße ungeschminkt

Gelbe Krokusse und blaue Blumen

Gestern war Osterwetter. Die Sonne hat geschienen, Ronja hat im Garten Ostereier gesucht, wir haben gebruncht und waren spazieren. Zur Feier des Tages gab es am Nachmittag Pommes im Garten. Wir haben natürlich auch schöne Fotos gemacht, liebe Ostergrüße versendet und geteilt. Sehr schön gelungen alles, sagen diese Bilder. Glückliches Kind, entspannte, souveräne Eltern, nette Familie, heile Welt.
Das ist der eine Teil der Wahrheit. Er ist wahr, denn ich beschönige nicht mit Absicht. Es waren schöne Ostern gestern.

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Warum die Würde wichtiger ist als die Gesundheit – gerade in Zeiten von Corona

„Die Gesundheit ist das höchste Gut.“. „Hauptsache gesund.“ „Solange wir nur alle gesund bleiben…“. Diese und ähnliche Sätze habe ich häufig in der Schwangerschaft mit meiner Tochter gehört, die nicht gesund war und es auch jetzt nicht ist. Und ich höre die Sätze heute, in Zeiten der Corona-Pandemie. In beiden Fällen sind sie falsch und außerdem in dieser Falschheit gefährlich.

Wie damals in meiner Schwangerschaft ringe ich, ob das, was ich zu sagen habe, in angemessener Differenziertheit aufgenommen werden wird. Wie damals weiß ich nicht, ob man mich aufgrund der Worte, die ich schreibe, in eine Ecke stellen wird: Damals mit radikalen Abtreibungsgegner*innen, mit denen ich nichts gemein habe, heute mit der rechten Szene, mit Verschwörungstheorien und generellem Leugnen der Existenz des Coronavirus. Ich schreibe trotzdem, denn gerade wenn Fronten verhärtet scheinen ist die Mitte die Letzte, die verstummen darf, aus Angst, zwischen die Fronten zu geraten. Auch dies: Damals wie heute.

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„Die ist aber zutraulich“ – Über Nähe und Distanz mit Down Syndrom in Zeiten von Corona

Wir waren auswärts essen heute Abend. Ronja ist zwei Jahre und drei Monate alt mittlerweile und oft sehe ich sie an und wundere mich, wie mein Kind so schnell so groß und „erwachsen“ werden konnte. Es ist verrückt: Alles dauert bei ihr länger als bei anderen Kindern. Jeden Meilenstein der Entwicklung erwarten wir lange, begleiten ihn lange, genießen ihn und nehmen ihn sehr bewusst wahr. Wie das Laufen, das Ronja im März, zwei Monate vor ihrem zweiten Geburtstag, begonnen hat und mittlerweile recht sicher beherrscht. Oder das Sprechen, das jetzt langsam Thema wird für Ronja, indem sie die ersten Worte sehr bewusst nachahmt: „Audo“ (die verwaschene Aussprache liegt in dem Fall nicht am Down Syndrom, sondern daran, dass wir in Franken wohnen), „Bao“ („Baum“), „Mama“, „Papa“, „Oma“, „Opa“ und, ganz frisch dazugekommen: „Ooa“ („Ohr“). Und dennoch erscheint mir auch dieses langsame Tempo oft rasend schnell. Wenn ich Bilder von vor wenigen Monaten sehe, dann wundere ich mich, wie unser Baby sich so schnell zu einem so großen Mädchen entwickeln konnte, das deutlich seine Meinung zeigt und immer häufiger auch sagt, das die Weltgeschichte auf seinen eigenen zwei Beinen entdeckt und das vor allem ein unstillbares Interesse und riesiges Vertrauen allen anderen Menschen gegenüber zeigt, denen es im Alltag so begegnet.

Kleinkind mit Down Syndrom sitzt im Stuhl
Ronja hat einen eigenen Willen bekommen
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