Ich bin hin- und hergerissen zwischen zwei Gefühlen.
Das eine ist: Ich habe nichts mehr zu sagen.
Unser Leben mit Ronja ist wundervoll. Jeden Tag erleben wir Neues, Bereicherndes mit ihr. Aber das, was wir erleben, erscheint mir einfach völlig „normal“. So normal, dass es mir geradezu banal vorkommt, darüber zu bloggen und zu berichten. Blogs über Familienleben und Leben mit Baby gibt es genug. Meine Zeit erscheint mir zu kostbar. Ich widme sie lieber Ronja, anstatt das Netz mit dem x-ten Bericht über die Schlaf- oder Trinkgewohnheiten eines Babys zu versorgen.
Das andere Gefühl ist: Gerade wegen dieser Normalität darf ich auf keinen Fall aufhören, gerade darüber zu berichten.
Denn dass es tatsächlich mit Down Syndrom so normal sein könnte, das hätte selbst ich nicht für möglich gehalten. Die allermeisten anderen können sich das vermutlich noch weniger vorstellen. Weil die Menschen Angst davor haben, wie ihr Leben mit DS aussehen könnte, werden viele Schwangerschaften abgebrochen, viele Babys getötet. Deswegen kann es gar nicht genug banale Babyberichte über Ronja und Babyfotos von Ronja geben.
Gerade jetzt ist das vielleicht wichtiger denn je. Soweit ich gelesen habe, geht es momentan darum, ob die Krankenkassen den sogenannten Präna Test in ihren Leistungskatalog aufnehmen.
Es ist der erste Test, der weitgehend riskolos ist, da er nicht das Fruchtwasser (und damit indirekt den Embryo), sondern das mütterliche Blut analysiert. Das vergleichsweise hohe Fehlgeburtsrisiko, das bei einer Fruchtwasseruntersuchung besteht, ist hier nicht vorhanden. Gleichzeitig sucht der Präna Test gezielt nur nach ganz bestimmten Veränderungen im Erbgut: Nämlich nach Trisomie 13, 18 und 21. Es gibt bestimmt gute Argumente für diesen Test. Zum Beispiel sind Trisomie 13 und 18 Genveränderungen, mit denen sich absolut nicht „gut leben“ lässt, wie es bei Trisomie 21 oft der Fall ist. Ich weiß über diese Trisomien allerdings wenig und kann deswegen auch nicht darüber urteilen.
Tatsache ist einfach: Mir macht die Vorstellung, das der Präna Test bald Kassenleistung werden könnte, Angst.
Es bedeutet letztlich, dass Babys wie Ronja in unserer Gesellschaft nicht gewünscht sind. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür, eine ganz bestimmte bestimmte Gruppe von Menschen zu selektieren. Zu dieser Gruppe gehört auch mein Baby. Was bedeutet das für Ronjas Zukunft? Wie formt dies die Welt, in der sie einmal leben wird? Wird sie zu den letzten „ihrer Art“ gehören? Ich fände das schlimm. Es wäre ein Fortschritt, wenn es gelänge, die Krankheiten zu besiegen, die mit dem Down Syndrom einhergehen können. Das Down Syndrom selbst ist aber keine Krankheit. Es tut nicht weh. Es bewirkt nur, dass Menschen oft etwas anders aussehen und etwas anders sind. Diese Menschen auszurotten ist kein Fortschritt und kein Erfolg. Es ist für mich eine düstere, wahr gewordene Dystopie.
Was ich gegen diese Entwicklung tun kann, ist nur, immer und immer wieder zu berichten und aufzuklären.
Auch wenn es entsprechende Tests gibt, haben Eltern die Wahl, sich entweder gegen die Tests oder, bei positivem Resultat, für ihr Baby zu entscheiden. So wie wir. Und es war die beste Entscheidung unseres Lebens. Das sollen so viele Leute wie möglich wissen. Entsprechend habe ich gestern und vorgestern Kontakt zu einem Magazin aufgenommen, das über uns berichten möchte. Und ich habe einen Bericht über Ronja geschrieben für eine Infoseite mit diversen Themen rund um Schwangerschaft und Geburt. Mehr kann ich nicht tun, außer, naja, eben bloggen. Auf die Gefahr hin, dass es hin- und wieder wirklich etwas banal wird, mache ich das also weiterhin.