Ronja hat einen sogenannten „kompletten atrioventrikulären Septumdefekt“ (AVSD). Ich kann nicht allzu viele medizinische Details erzählen, weil wir noch nicht allzuviel Sicheres darüber wissen und weil es mich ganz krank macht, selbst darüber zu lesen. Ich kann mich gut und nüchtern über alle Krankheiten oder Probleme informieren, die mich selbst betreffen, aber es zerreißt mir das Herz, wenn es dabei um mein Kind geht. Mir vorzustellen, welche Probleme und Komplikationen ihr vieleicht bevor stehen, ist nicht zu ertragen. Ich spreche deswegen nicht davon, was passieren könnte, sondern nur von dem, was normalerweise zu erwarten und zu hoffen ist.

Relativ sicher zu sein scheint die Diagnose an sich. Ich gebe wieder, was ich verstanden habe.

Dort, wo im Herzen normalerweise die linken und rechten Vorhöfe und Herzkammern durch ein „Kreuz“ aus Gewebe (Muskeln?) voneinander getrennt sind, ist im Ultraschall bei Ronja eine Lücke zu erkennen. Das heißt, Vorhöfe und Herzkammern sind nicht richtig voneinander getrennt. Sauerstoffarmes und sauerstoffreiches Blut fließen dadurch bei ihr immer wieder ineinander und auch sonst wird das Blut nicht so verteilt, wie es sein soll. Ihr Herz muss dadurch unbehandelt übermäßig viel arbeiten. Unbehandelt hält es das im Normalfall nicht lange durch. Deswegen wird Ronja wahrscheinlich innerhalb ihrer ersten Lebensmonate operiert werden müssen.

Es gibt viele Abstufungen dieses Fehlers und auch viele andere Umstände, die den Verlauf beeinflussen. In 2 Wochen gehen wir noch einmal zum Feinultraschall. Bis dahin ist ihr Herzchen noch ein bisschen gewachsen und man kann besser beurteilen, wie groß das Loch ist. Im Anschluss daran gibt es eine Arztkonferenz mit uns, den Gynäkologen und dem Kinderkardiologen in Erlangen, wo wir auch zur Geburt hingehen werden. Danach werden wir hoffentlich genauer wissen, was auf uns zukommt. Endgültige Gewissheit gibt es aber wohl nicht bis sie da ist, denn nicht immer lässt sich alles schon auf dem Ultraschall erkennen.

Wir versuchen momentan, auf die Ärzte zu vertrauen, die uns versichern, dass wir in guten Händen sind und dass sie alles tun werden, damit unser Baby gesund wird.

Und wir hoffen auf die Erfahrung unserer Hebammen und die Berichte anderer Eltern, die zeigen, dass nicht alles so schlimm werden muss, wie es werden könnte und dass es auch sehr gute Verläufe gibt, die uns Mut machen.

Positiv ist, dass dieser Herzfehler gerade bei Kindern mit Trisomie 21 sehr häufig auftritt und auch sehr häufig erfolgreich operiert wird. Er ist zwar komplex, aber nicht selten. Wenn die Operation gut verläuft und es gelingt, alles „schön dicht“ zu machen, dann hat Ronja gute Chancen, dass ihr Herz von da an gesund bleibt und ohne Beeinträchtigungen funktioniert. Ebenso positiv ist, dass wir bereits jetzt davon wissen. Das ist nicht immer der Fall. Häufig wird der Herzfehler auch erst nach der Geburt entdeckt. Wir können so sicher stellen, dass Ronja sofort gut geholfen werden kann, falls es ihr während oder nach der Geburt nicht gut geht. Deswegen auch unsere Entscheidung für die Uniklinik in Erlangen. Viele Menschen werden dort für sie bereit stehen um ihr ins Leben zu helfen, falls sie es braucht.

Was ich mir immer wieder bewusst machen muss ist, dass es ihr momentan gut geht.

Wahrscheinlich spürt sie, dass ich mir momentan viele Sorgen mache, aber sie liegt gemütlich warm im Wasser und ihr Herz macht noch keinerlei Probleme, da sie ja durch die Nabelschnur versorgt wird. Anstrengend wird es für sie erst, wenn sie auf die Welt kommt und einen unabhängigen Kreislauf hat. Es kann deshalb sein, dass sie ganz natürlich auf die Welt kommen kann, denn während der Geburt ist sie ja noch mit der Nabelschnur verbunden. Auch danach ist es gut möglich, dass sie erstmal gut alleine klar kommt und mit mir zusammen, ohne Geräte, auf dem Zimmer liegen darf.
Es kann aber auch sein, dass der Stress bei der Geburt doch zu viel für ihr Herz ist und wir uns entscheiden müssen, sie per Kaiserschnitt zu holen.

Nach der Geburt werden wir wahrscheinlich ein paar Tage länger in der Klinik bleiben müssen als üblich um sie zu beobachten, danach können wir sie aber hoffentlich mit nach Hause nehmen. Wir müssen dann einfach abwarten ob sie weiterhin alleine gut atmen und trinken kann oder ob sie Hilfe braucht. Überhaupt geht es erstmal nur darum, dass sie genug Kraft hat zu trinken und schön dick zu werden. Sie muss nämlich gut zunehmen, am besten schon jetzt so viel wie möglich, da sie erst ab einem bestimmten Mindestgewicht operiert werden kann. Leider kann ich das kaum beeinflussen. Ich habe von Fällen gehört, wo das Stillen prima geklappt hat. Wir hoffen, dass das auch bei Ronja so ist.

Wenn sie dann kräftig genug ist, wird sie operiert.

Vieleicht mit 3 Monaten, vieleicht erst mit 5. Dies passiert am offenen Herzen. Das bedeutet, sie ist während der OP an eine Beatmungsmaschine angeschlossen die den Kreislauf aufrecht erhält, während ihr Herz in Ordnung gebracht wird. So schlimm das klingt, sind die Risiken dieser Operation verleichsweise gering und die Prognosen gut. Die meisten kleinen Patienten bleiben nach der OP ca. 2-3 Tage auf der Intensivstation und danach noch vielleicht 14 Tage im Krankenhaus. Wenn alles gut verläuft, geht es Ronja danach deutlich besser und sie wird schnell viel kräftiger und lebhafter werden.

Wir können nicht viel tun, außer sie von ganzem Herzen zu lieben und sie so willkommen zu heißen, dass ihr diese Welt keine Angst macht.

Sie soll sich willkommen, sicher und geborgen und fühlen und Lust aufs Leben bekommen, so dass sie kämpft und schön kräftig wird. Ich hoffe, so viel wie möglich bei ihr sein zu können. Unsere Hebamme sagt, dass auch die intensive Kindermedizin mittlerweile verstanden hat, wie wichtig es ist, Mutter und Kind nicht auseinander zu reißen. Das gibt mir Zuversicht, dass wir viel für sie da sein können.

In der Zeit vor der Operation braucht sie Zuversicht, viel (Körper-)Wärme und Geborgenheit. Gerade in den ersten Lebensmonaten ist sie noch sehr stark mit mir verbunden. Sie selber hat keine Sorgen oder Ängste, solange sie nicht unsere spürt.

Wie schaffen wir es, ihr Vertrauen zu vermitteln, wo wir doch selbst so zittern? Verstellen können wir uns nicht. Ich denke, wir können nur Sicherheit vermitteln, wenn wir selber vertrauen. Dem Schicksal, den Ärzten uns selbst und allen, die uns Mut machen.

Wir versuchen in den kommenden Wochen so viel Kraft zu tanken wir möglich, damit wir diese an Ronja weitergeben können. Dabei könnt ihr helfen – aber das tut ihr ja schon.

Gundula
(Matthias mag das gerade nicht lesen, aber mir hilft es, mir die Dinge von der Seele zu schreiben)