…verläuft für mich bisher ganz wundervoll und unkompliziert. Momentan bewirkt diese Schwangerschaft, dass ich mich fühle wie eine überreife Wassermelone, kurz vorm Platzen: Der Bauch spannt und wirkt, als könne man ihm beim Wachsen zusehen. Schuhe zubinden muss mittlerweile Matthias übernehmen und manchmal, da liege ich wie ein Käfer auf dem Rücken und komme ohne Hilfe nur schwer aus der Rückenlage wieder hoch. Ronja macht sich vor allem in den letzten Tagen so breit, dass mein Magen immer weniger Platz hat. Nur noch kleine Mahlzeiten sind möglich. Und zwischen den Mahlzeiten, da habe ich DURST! All das ist ganz normal und wundervoll und zeigt mir, dass sich mein Baby prächtig entwickelt.

Bild: Babybauch
Man kann Ronjas Bewegungen schon von außen erkennen
In den ersten Tagen nach der Diagnose, da wurde mein Vertrauen in mein Köpergefühl erschüttert.

Ich war verunsichert, was meine Schwangerschaft und die Signale meines Körpers angeht. Schließlich war da immer meine absolute Gewissheit gewesen, dass alles optimal verläuft und dass es meinem Baby gut geht. Die Nachricht, dass Ronja einen schweren Herzfehler hat, mit dem sie unoperiert kaum länger als ein Jahr leben würde, hat dieses Vertrauen in mein Gefühl von Grund auf erschüttert.

Auch die Diagnose „Down Syndrom“ konnte ich emotional nicht richtig einordnen.

Zwar hat die Nachricht, dass ich nur noch ein paar Wochen habe um sie legal töten zu lassen, in mir nur umso größere Liebe und ein heißes, bedingungsloses Schutzbedürfnis ausgelöst: Niemand wird meinem Baby jemals etwas antun, dafür werde ich sorgen, das war für mich immer sicher!
Aber trotzdem war da auch Unsicherheit in mir: Wieviel bekommt sie tatsächlich mit, wenn ich mit ihr rede? Werden ihre Bewegungen auch wirklich stärker, entwickelt sie sich gut? Was fühlt dieses Wesen in mir, welchen Einfluss hat das zusätzliche Chromosom? Und, spürt sie meine Trauer und Ängste, fühlt sie sich gar abgelehnt durch meine vielen Tränen? Schade ich ihr durch diese Gefühle?

All diese Verunsicherungen und Ängste habe ich überwunden durch im Wesentlichen zwei Dinge.

Zum einen war da meine Hebamme. Sie hat mir versichert, dass mein Körpergefühl mich zu keinem Zeitpunkt getrogen hat: Ronja geht es prima. Es geht ihr genauso gut, wie ich es empfunden habe, denn ihr Herz macht keinerlei Probleme, solange sie durch die Nabelschnur noch mit mir  verbunden ist. Noch muss das Herzchen nicht voll arbeiten. Noch fühlt sie sich pudelwohl; entspannt im warmen Wasser.
Und die Trisomie 21? Nun ja, welche Art von Problem sollte Ronja damit haben? Ronja ist so, wie sie ist; nur wir anderen sind der Meinung, man müsse darum ein großes Theater machen.

Was mir außerdem Vertrauen zurückgegeben hat, war Ronja selbst. Einfach dadurch, dass sie tatsächlich durch all die Sorgen um sie herum relativ unbeeindruckt schien. Oft, wenn ich zuhause saß und geweint habe, dann hat sie mich ganz zärtlich in die Seite gestoßen, als wollte sie mir sagen: „Hey, es ist doch alles gut, ich bin doch hier, ich bin dein Baby. Es geht mir doch gut, warum weinst du, Mama?“

So habe ich mein Vertrauen in meinen Körper, in mich und in mein Kind zurück gewonnen.

Mittlerweile geht es uns wieder einfach gut. Ronja wird immer lebendiger und begleitet mich fast den ganzen Tag lang, habe ich das Gefühl. Wenn ich Sport mache ist sie meist ruhig oder rührt sich nur wenig. Wenn ich ausruhe und nach ihr spüre, dann beginnt sie ihrerseits die Sporteinheiten. Wird es ihr zu langweilig, dann legt sie sich quer und macht „Strecksprünge“: Ich spüre ihre Stöße dann geichmäßig auf der linken und rechten Seite.
Matthias und ich schlafen mit ihren Bewegungen in unserer Mitte ein und wenn ich aufwache, ist mein Baby das erste, was ich spüre. Sie ist ganz deutlich in unserer Mitte und besonders wenn über sie geredet wird, macht sie sich oft und deutlich bemerkbar.

Bild: Geöffnete Schublade mit Babysachen
Ronjas erste eigene Schublade

Beschwerden? Habe ich bisher keine über die es lohnt, zu berichten. Sodbrennen, ja manchmal. Rücken einmal verknackst, Kurzatmigkeit und Spannungsgefühl im Bauch: Ja, das taucht alles mal auf, aber mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen.
Ich genieße eine wundervolle Schwangerschaft und freue mich über winzigkleine Babysachen in unserem Schrank. Ich mache viel Yoga, ich gehe zum Aquafitness, zum Spazieren und in die Sauna. Ich bin langsam aufgeregt wegen der Geburt. Ich beginne nächste Woche gemeinsam mit Matthias meinen Geburtsvorbereitungskurs. Und ich bin ungeduldig, mein Baby endlich in den Arm nehmen zu können.

Bild: Babysachen
Mein erstes selbstgestricktes Babyjäckchen

Ich sehe plötzlich überall schwangere Frauen. Ich kann Anteil nehmen an dem, was andere Eltern bewegt und freue mich über Begegnungen mit kleinen Babies. Da ist tatsächlich kein Schmerz dabei, denn unsere Ronja ist für uns das beste Baby, das zu uns kommen konnte. Uns wird vielleicht eine größere Aufgabe, aber nicht weniger Glück geschenkt als allen anderen Eltern.

So ist meine Schwangerschaft mit einem kranken, behinderten Kind. Sie ist so unkompliziert und wundervoll, wie es sich viele nur wünschen können.

 

2 Gedanken zu “Schwanger sein mit einem behinderten Kind

  1. Liebe Chris,

    du hast recht: Die Frage nach den eigenen Werten und richtigen Prioritäten im Leben und auch die Neuorientierung in jeglicher Hinsicht erlebe ich in dieser Schwangerschaft mit großer Klarheit. Ich denke, dies ist etwas, was im Grunde genommen alle Eltern erleben, aber wir erleben es vielleicht noch etwas bewusster. Ich freue mich darauf, Ronjas Entwicklung mit der gleichen Bewusstheit begleiten zu dürfen. Danke, dass du deine Erfahrungen dazu mit uns teilst!

    Alles Liebe

    Gundula

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